Das Ich ist ein Meer, grenzenlos und unermesslich.
Sagt nicht: »Ich habe die Wahrheit gefunden«, sondern lieber: »Ich habe eine Wahrheit gefunden.«
Sagt nicht: »Ich habe den Pfad der Seele gefunden.«
Sagt lieber: »Ich habe die Seele auf meinem Pfad wandelnd getroffen.«
Denn die Seele wandelt auf allen Pfaden.
Die Seele wandelt nicht auf einer Linie, noch wächst sie wie ein Schilfrohr.
Die Seele entfaltet sich wie eine Lotosblume mit zahllosen Blättern.
(Khalil Gibran, Von der Selbsterkenntnis)
Diese Zeilen entstammen dem „Propheten“ des libanesischen Dichters Khalil Gibran (1883-1931). Diese Rede an die Menschheit seines Propheten „Almustafa“, die Einflüsse von Jesus, Mohammed, Zarathustra u.v.m. enthält, erschien 1923 in New York und wird in diesem Jahr 100 Jahre alt. Weltweit über 90 Millionen mal verbreitet, gehört sie zum spirituellen Gepäck vieler Menschen auch heute. Zum Jubiläum haben Prof. Dr. Gotthard Fermor, der Komponist Josef Marschall und der Fotograf Klaus Diederich eine Neuedition herausgebracht. Die Audio-CD (Sprache und Musik) und die Fotos sind vor allem eine Einladung zum Zuhören, einem zentralen Thema im „Propheten“. Es geht darum, auf das Lied des Lebens zu hören, das immer schon uns in uns singt, auch wenn wir es nicht hören, um die Entdeckung unserer unauflöslichen Verbindungen zum Ewigen. Dies sensibilisiert umso mehr für die Bewahrung dieses kostbaren Lebens, das Gibran Kapitel um Kapitel preist – dies ist mehr als an der Zeit.
Der Prophet von Khalil Gibran, herausgeben und eingeleitet von Gotthard Fermor, mit Fotografien von Klaus Diederich und einer Audio-CD gelesen von Gotthard Fermor und Musik von Josef Marschall, Patmos-Verlag Ostfildern 2023.
Im Interview mit Joachim Gerhardt (Kirche im WDR) schildert Prof. Dr. Gotthard Fermor den Entstehungsprozess des Buches.
(siehe auch https://www.evh-bochum.de/artikel/buchveroeffentlichung-neuauflage-von-der-prophet.html)