Gefunden von Svenja Blaczek im Juni 2024
Über den vielen Müll auf der Straße ist ein Kind sehr traurig.
Das Kind räumt den Müll von der Straße weg.
Ein Löwenzahn wächst.
Das Kind bekommt Hoffnung.
Ein Beet wird gemeinsam mit anderen Menschen angelegt.
Die Geschichte beginnt mit einer Müllhalde und endet mit einem Blumen- und Gemüsebeet. Das Schöne an der Geschichte ist, dass sie so ohne erhobenen Zeigefinger auskommt. Ein Kind hebt den Müll auf und handelt ganz im Sinne des Schöpfungsauftrages, weil es sich um einen Löwenzahn kümmert und gemeinsam mit anderen ein Beet anlegt: So geht Erde bewahren, bebauen und beschützen!
Marion Kraft und Daniela Seel haben Amanda Gormans „Something Someday“ aus dem amerikanischen Englisch übersetzt. Die Bilderbuchgeschichte der jungen, amerikanischen Poetin erzählt von kleiner Tatkraft, die Großes bewirkt. Trotz aller Erschwernisse.
Die Bilder können unabhängig vom Text gelesen werden und erzählen von einem Kind, welches, mit Greifzange und Mülltüte ausgestattet, Abfall und kleinen Sperrmüll selbst bei Regen beseitigt. Mit Einkaufwagen und Bollerwagen wird der Müll abtransportiert – welchem Kind macht dies keinen Spaß?!
Trotz der Aufräumarbeit muss das Kind zusehen, wie weiterhin achtlos Müll auf die Straße geworfen wird. Das Kind wird wütend, aber so wie ein unkrautiger Löwenzahn am Straßenrand wächst, steigt auch die Motivation des Kindes, den vermüllten Gehweg zu säubern. Während die meisten Erwachsenen nur zusehen oder gar wegsehen, kommen weitere Kinder hinzu – mit einer Grünpflanze, zum Trösten und Helfen. Die Geschichte erinnert mich auch an Jesus freundliche Erinnerung in Mt 18,3: Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, dann kommt ihr nicht ins Himmelreich.
Der Erzähltext ist redundant geschrieben, die ersten Seiten werden stets mit „alle sagen“ eingeleitet, bezogen auf die erwachsene Gleichgültigkeit für den Straßenmüll. Häufig fällt das Füllwort „vielleicht“. Der damit ausgedrückten Eintönigkeit und Tristesse werden die kleinen, lebendigen Gespräche zwischen den hinzukommenden Kindern entgegengesetzt.
Die Geschichte zeigt nicht nur den Tatendrang eines Kindes, sondern auch Wut, Traurigkeit und Verzweiflung über die Verschmutzung und Gleichgültigkeit, die so manche Straßenecke kennt. Ich könnte in der Ohnmacht, die auch so mancher Müllberg in mir auslöst, im übertragenen Sinne bleiben. Ich könnte mir aber auch folgende Fragen ausgehend vom Bilderbuch stellen:
Wo schaue ich weg?
Wo halte ich still?
Wo halte ich aus? Und setze mich tröstend dazu?
Kinder ermutigt diese Geschichte – und Erwachsene auch: Raus aus den eigenen vier Wänden und mitgemacht bei den städtischen Aufräumaktionen, die in diesem Frühjahr wieder vor der Tür stehen! Ich weiß doch tief im Innern, dass dieses auch von Amanda Gorman geforderte „Gemeinsam anpacken“ unsere Wohngegenden belebt.
Über den Illustrator Christian Robinson habe ich im Übrigen gelesen, dass er die Welt in Bildern so erschafft, wie er die Welt sehen möchte. Die hoffnungsvolle Bilderbuchgeschichte erinnert mich an das Senfkorngleichnis, ein biblisches Bild der Hoffnung von einer Welt, die im Kleinen immer wieder aufgerichtet wird. Seit der Lektüre werfe ich gerade wieder einen aufrichtigen Blick auf öffentliche Wege und Plätze – und entdecke so manches Blümchen.
Hier ist Amanda Gorman im Gespräch über ihr Buch zu erleben (7 Min. Film).
[Leider mussten die Bilder aus dem Bilderbuch aus lizenzrechtlichen Gründen nach 3 Monaten entfernt werden.]